Tagebucheintrag vom 11.5.2012 // 21:53 Uhr
,,Ich hatte die ganze Woche lang keine Lust oder Zeit zu schreiben. Und jetzt sitze ich wieder alleine in der Wohnung; Alles ist still und bedeutungslos. War eben mit dem Hund draußen und habe nichts um mich herum wahrgenommen. Die Gedanken an Tod und Abschied brennen wie eisige Splitter. Mitten auf der Straße oder im Bus. Ohne Vorwarnung. […] Eyecatcher. Meinen ganzen Hass loswerden. ****** sagt, Selbstmord sei purer Egoismus. Gibt es darauf eine Antwort? Nein. So viele Fragen. Keine einzige Antwort. Manchmal kommt mir das Leben wie ein Puzzle vor, von dem man weiß wie es auszusehen hat, jedoch versucht dieses Bild mit Teilen einen gänzlich anderen Puzzles zu legen.
Kann ich nicht einmal glücklich sein? Oder bin ich einfach immer 'unzufrieden', egal was ich habe/was mir passiert? Denken alle so wie ich, und es spricht nur niemand darüber? Das kann ich mir nicht vorstellen. Andererseits wäre es naiv zu denken, dass ich mit meinen Gedanken so besonders sei.


Diese ganzen Fragen und der Hass fressen mich von Innen auf, gären in mir wie Eiter in einer Wunde oder Fäulnis in einer Leiche. Und irgendwann sickert etwas davon heraus. Ich will schreien und nichts mehr wahrnehmen. Mir eingestehen, dass ich Nichts und Niemand bin, Nichts bedeute und nicht da bin. Ich will einfach verschwinden. Irgendwo ins Nirgendwo. Weit weit weg. Dahin wo ich nicht alleine bin, und auch kein gestörter Freak. Wo ich einfach ich bin. Aber wer bin ich? Ich will sterben. Die Augen schließen und abdrücken. Abfahren, verreisen – ohne Wiederkehr. Meinen Körper zurücklassen und alle die mir hätten helfen können. Weg von hier. Und trotzdem nicht vergessen werden. Aber selbst vergessen.“




wellington am 13.Jun 15  |  Permalink
Ziemlich erschreckende Zustandsbeschreibung aber in gewissen Sequenzen finde ich mich wieder.
Nach der Durchsicht einiger ihrer Texte denke ich Sie haben Ihre Antwort schon gefunden.
Menschen die nicht mit der Masse schwimmen wollen sollten das weder tun noch versuchen das endet definitiv in einer Art Selbstzerfleischung.
Ich zB. Habe ca. 20 Jahre lang versucht mich anzupassen.
Regeln befolgt die keinen Sinn ergaben,am Arbeitsplatz alles hingenommen ungeachtet dessen ob es produktiv oder moralisch vertretbar war und stets geschwiegen.
Das Ergebniss war so erschreckend wie erwartbar.
Permanente Unzufriedenheit mit mir und dem Rest der Welt,Selbstisolation und klassisch der Griff zur Flasche.Soweit leider ein Weg den denke ich sehr viele Menschen gehen nur weitestgehend anonym und heimlich.
Solange die Leistung stimmt behelligt einen auch keiner selbst wenn die Dinge offensichtlich sind denn Realität sobald sie unangenehm wird thematisiert man in dieser Gesellschaft nicht.
Als das tägliche Pensum größer wurde begann es sowohl in der Familie wie im Geschäft kritisch zu werden.
Eines Tages der Termin bei der Geschäftsleitung.
Ich solle mein Problem in den Griff bekommen sonst hätte das Konsequenzen hieß es damals.
Ein Glücksfall wie ich heute weiß ;)
Sechs Wochen stationäre und ein Jahr ambulante Therapie waren die Folge.
Aber zum wesentlichen.
Seit fünf Jahren lebe ich jetzt abstinent und ich stelle fest.
Das Leben mit Alkohol ist beschissen ,das ohne manchmal viel mehr.
Aber ich habe einige grundsätzliche und für mich extrem wichtige Dinge gelernt.
Ja ich bin und denke anders wie die meisten anderen Menschen auf diesem Planeten.Aber das ist in Ordnung denn nur wenn ich so lebe,spreche und Handle wie ich wirklich bin macht mich das zufrieden.
Und im übrigen wer sagt denn das ich anders bin ???
Vielleicht sind ja alle anderen nicht so wie es sein sollte.
In einem ihrer ersten Texte steht sinngemäß nur unsere eigenen Antworten sind die richtigen ich denke das stimmt weitestgehend.Und ausserdem wird übertrieben zelebrierter Kontakt zu maximal vielen anderen Menschen bei weitem überschätzt.Die große Mehrheit unser Spezies interessiert sich definitiv nicht für Ihren nächsten meistens nichtmal für "Freunde oder Familie.
Den Alltag bei klarem Verstand bewältigen zu müssen ist etwas was ich als sehr belastend empfinde auch nach 5 Jahren Abstinenz fühle ich das noch.
Auf viele meiner Fragen habe ich immer noch keine Antworten aber ingesamt hat sich mein Befinden zum Positiven verändert.
Zwei Dinge weiß ich allerdings
Ich bin mir stets selber treu wenns auch oft weh tut und man sehr viel häufiger aneckt wie früher.
Und
Auch wenn ich manche Antworten nie finden mag so weiß ich doch das ich selbst danach suche und kein gesichtsloser Kretin bin der im Mainstream Persönlichkeit,Prinzipien und Gedankliche Freiheit opfert.
Die Zahl der Menschen denen man vertraut ist dann sicherlich sehr überschaubar (2-3) aber mir reicht das weiß ich doch das der überwiegende Teil der Menschheit nur mit sich selbst beschäftigt ist.
Und das ist auch OK denn ich bin so glücklich und zufrieden und um so mehr das andere bezweifeln desto mehr bin ich überzeugt das denen was fehlt und nicht mir ;)
Sorry für den langen Text aber ernsthafte Themen kann ich leider nicht in Kurzform darstellen.
Ich wünsche Ihnen von Herzen jeden Tag mindestens ein positives Erlebniss oder einen positiven Gedanken und ein sonniges Wochenende.

qntmflx am 26.Jun 15  |  Permalink
Vielen dank für die Wünsche.
Für mich klingt es so, als ob sie mit sich selbst mehr im reinen sind, als der Großteil unserer Gesellschaft.
Das folgende klingt eventuell etwas merkwürdig, aber ich danke ihnen für die Beschreibung der Dämonen die sie zu bekämpfen hatten. Zu wissen, dass es auch andere Menschen aus (wahrscheinlich weitaus schwierigeren) Lebenslagen herausgekommen sind, aus denen sie keinen Ausweg mehr gesehen haben, gibt mir Hoffnung dass auch ich dies eines Tages schaffen kann. Vielen, vielen Dank dafür. Ich wünsche ihnen alles erdenklich Gute. Das einzige, was mich vom Drogenmissbrauch abhält, ist meine Liebe zum Sport, und die Auffassung, dass mir die bitterste Wahrheit (in Bezug auf die Realität) lieber ist als die süßeste Lüge.


p.s. Ich kann mich ebenfalls in mehreren Abschnitten widerspiegeln...um es kurz zu fassen: anecken//permanente Unzufriedenheit//ehrlichkeit sich selbst gegenüber

dead again am 13.Jun 15  |  Permalink
Das ist normal, Mann! Kenn ich kaum anders, Du bist nicht allein mit diesen Gefühlen. Und dennoch bist Du der einzige, der Dein Leben leben kann. Also, es ist kein Festival, aber wir versuchen ein paar schöne Momente in diesem erschreckenden Drama zu erhaschen und das schaffen wir. Der Rest ist durchhalten.

qntmflx am 26.Jun 15  |  Permalink
....und dann kommt dieser eine Augenblick, in dem du dich wieder einmal fragst: wofür das alles? Und auf diese Frage findest du keine Antwort. Sie lässt dir keine Ruhe. Und jedesmal, wenn du dich fragst warum, dann erscheint dir jeder schöne Moment wie profane Ablenkung; in diesen Moment das schöne im Leben zu sehen, fällt mir sehr sehr schwer.