Kollektiv
Die Rollenbilder unserer Gesellschaft sind, obwohl sich in den letzten Jahren eine deutliche Besserung gezeigt hat, immer noch stark festgefahren. Stammtisch Parolen, rassistische und sexistische Gedanken werden immer noch weiter verbreitet und – obwohl jeder ja ach so tolerant ist – unseren Kindern als Fraß für ihre Zukunft vorgeworfen, damit sie wissen wie sie zu sein haben damit die Gesellschaft sie akzeptiert – ungeachtet davon wie sie gerne sein würden bzw. sind.
Dass Jungen schon von klein auf beigebracht wird, dass weinen bzw. Gefühle zeigen im allgemeinen unmännlich ist (Aggression und andere Abwehrmechanismen einmal ausgenommen), und dass Mädchen, obwohl sie wie bereits erwähnt deutlich emanzipierter werden, immer noch in eine fürsorgliche und somit unter Umständen freiheitsraubende Rolle gesteckt werden sorgt dafür, dass alle diese heranwachsenden Individuen ein Idealbild ihres Geschlechts vorgelebt wird, welches sie in ihrem weiteren Leben so gut wie möglich zu kopieren suchen.

Warum können wir unseren Kindern nicht einfach einmal beibringen, dass sie selbst Dinge hinterfragen, und sich somit ihre eigene Meinung bilden sollen? Wir ziehen unsere Kinder immer noch in einer Schachbrett-Welt auf, die durch gut & böse, gläubig & ungläubig, deutsch & ausländisch geprägt wird. Wir bringen ihnen nicht bei, dass jedes Leben gleich wertvoll und lebenswert ist. Wir geben ihnen nur die Grundbausteine unserer Kultur & Moral mit, welche allerdings komplett überholt und nicht mehr ansatzweise aktuell sind.

Was ist das für eine Gesellschaft, in der ich mich als Mann immer noch schämen muss psychisch Krank zu sein? Warum wird es immer noch als besonders männlich angesehen, unabhängig und stark zu sein, und gleichbedeutend verachtenswert, wenn diese Ideale durch Verzweiflung, der Suche nach Zuneigung und Anerkennung nicht erfüllt werden? Ach stimmt, ich habe vergessen, dass das Gesetz, welches die Gefühle eines Menschen auf emotionaler Ebene einem Geschlecht zuordnet– und aller Offensichtlichkeit nach noch aus unserem Dasein als Höhlenmenschen fortbesteht – immer noch von der Bild publiziert wird. Und an das Gesetz der Gesellschaft muss man sich schließlich halten, wenn man akzeptiert werden möchte.

Wir sind verdammt nochmal alles Menschen. Egal woher wir kommen, an wen oder was wir glauben, welche sexuellen Vorlieben wir haben, wie unsere Vergangenheit unseren Charakter und unsere Psyche geprägt hat. Warum lassen wir nicht jedem Menschen sich so entwickeln, wie er es für richtig hält? Wir müssen lernen, die Fesseln der Gesellschaft abzustreifen, und den nachfolgenden Generationen die Fesseln erst gar nicht aufzwingen.
Wenn es irgendetwas gibt, was ich den nachfolgenden Generationen hinterlassen will, dann ist es der Gedanke an eine bessere Welt, in welcher Toleranz nicht mehr die Tolerierung von Intoleranz bedeutet, in welcher sich Menschen frei entfalten können ohne einander – oder anderen Lebewesen zu schaden. In der jedes Lebewesen seinen eigenen Weg gehen kann, weil wir doch endlich einmal verstanden haben, dass wir alle miteinander verbunden sind, und die Zukunft des Einen von der Zukunft des Anderen abhängig ist.



Warum sind wir uns immer noch zu fremd, um uns als Kollektiv zu erkennen?




birgitdiestarke am 22.Dez 15  |  Permalink
Das wird sich hier wohl so nicht ganz verwirklichen lassen, denn diese Welt baut auf Fressen und Gefressenwerden auf. Um zu überleben müssen wir töten, nicht unbedingt andere Menschen, aber andere Lebewesen oder, als Vegetarier, Pflanzen.

In der Natur fressen Tiere andauernd einander.

"Wenn ich atme, töte ich die Luft", ich habe leider vergessen, wer das gesagt hat (Franz von Assisi????).

Wir werden hier nie einen Garten Eden schaffen.

qntmflx am 23.Dez 15  |  Permalink
Naja, im Moment ist sie auf Kapitalismus aus und den daraus resltierenden Folgen ( wobei wir für einen funktionierenden Kommunismus neue Menschen bräuchten). Aber mit der Einstellung, nie etwas verändern zu können, wirst du auch nichts verändern können.

Natürlich wird diese Welt niemals ein Paradis sein, in dem es jedem Lebewesen gut geht. Aber gerade deshalb müssen wir doch versuchen an dem ganzen Leid und der Ungerechtigkeit die in der Welt herscht etwas zu ändern. Und jede Veränderung geht von einem selbst aus, egal wie klein und unwichtig sie auch erscheinen mag.

c17h19no3 am 25.Dez 15  |  Permalink
ich denke nicht, dass altruismus wirklich existiert. bei tieren vielleicht. aber menschen haben eine einzige motivation, und das ist eigeninteresse. zur verwirklichung davon schließen sie sich zeitweise zusammen, schaffen abhängigkeiten und grenzen andere aus. aber das sind immer nur temporäre zweckgemeinschaften. sogar liebe ist so eine zweckgemeinschaft, denke ich. die verwirklichung emotionaler interessen "zulasten" eines anderen. gibt auch irgendeinen philosophen, der das so ähnlich formuliert hat.

ich erwarte nicht, dass mich die gesellschaft mit offenen armen empfängt. ich möchte auch kein teil des kollektivs sein. ich möchte fremd bleiben, zumindest den allermeisten.

qntmflx am 26.Dez 15  |  Permalink
Das denke ich auch nicht. Auch nicht bei Tieren. Interessanterweise deckt sich deine Ansicht der Dinge mit meinen, die ich unter anderem in einem meiner ersten Beiträge formuliert habe ( http://qntmflx.blogger.de/stories/2472263/ ).

Wir bleiben uns allen immer fremd, egal was wir tun. Aber das meinte ich auch gar nicht, als ich geschrieben habe, dass wir uns als Kollektiv erkennen sollen. Ich meine vielmehr, dass wir alle 'gleichwertig' sind, und aufhören sollten uns durch so unbedeutende Dinge zu differenzieren. Ich möchte, dass sich Menschen so entfalten können, wie sie es für richtig halten. Egal wie diese Entfaltung aussieht. Allerdings müssen wir dafür erst einmal aufhören uns gegenseitig einzuschränken.